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„Bleiben Sie gesund!“, so heißt es neuerdings oft im Radio und Fernsehen. Es scheint eine zeitgemäße Form der Verabschiedung zu sein. Und sicher, Gesundheit hat in diesen Pandemie-Zeiten einen hohen Wert. Deshalb haben wir auch die Einschränkungen unseres Lebensalltags Mitte März mit großer Bereitschaft und zugleich ungewisser Angst vor Ansteckung akzeptiert.

Allmählich jedoch sollen sie dem Drang nach „Normalität des Alltags“ weichen, wenngleich uns natürlich bewusst ist, welchen Wert Gesundheit hat. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert sehr idealistisch in der Präambel ihrer Verfassung (WHO 1946) Gesundheit als einen Zustand „des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens, der sich nicht nur durch die Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen auszeichnet“. Fachleute haben diese Definition immer wieder kritisiert. Wie groß nun aber auch unser „Wohlbefinden“ und unsere Gesundheit ist – mit verschiedenen Vorsorge- und Schutzmaßnahmen haben wir nur bedingt Einfluss darauf.

Gesundheit ist nicht machbar, mit Aufforderungen oder Wünschen nicht herzustellen. Jederzeit ist Gesundheit unterschiedlichen Risiken von Erkrankungen ausgesetzt. Was dann? Was, wenn z. B. das Virus mich packt? Wie unterschiedlich sind wiederum Krankheitsverläufe! Kann ich darauf vertrauen, dass es für mich „nicht ganz so schlimm“ wird? Werden Ärzte und Schwestern mir helfen können? Will ich es überhaupt, eine intensiv-medizinische Behandlung? Und vor allem: Reichen die äußeren Krankenhaus-Kapazitäten und ebenso meine inneren Abwehrkräfte? Pauschale Antworten auf solche und ähnliche Fragen gibt es nicht. Krankheit ist etwas Individuelles. Dies kann und muss jeweils der oder die Betroffene für sich klären. Dazu kann und sollte man sich mit anderen beraten, doch Entscheidungen müssen Einzelne selbst treffen.
 
In Anbetracht aller Risiken und Gefährdungen, die man als medizinischer Laie oftmals nicht durchschaut, sind dies wirklich keine leichten Entscheidungen. Was also tun, wenn meine Angst wächst und die Gesundheit schwindet? Der Wunsch „Bleiben Sie gesund!“ hilft da kaum weiter. Auch andere Sprüche und (fromme oder lustige) Floskeln prallen in solchen Zeiten sehr schnell an einem ab. Da wird deutlich, wie schwer es ist, nicht oberflächlich zu bleiben, sondern „in den Keller unseres Lebens hinunterzusteigen“ und auf alle möglichen Gedanken und Sorgen einzugehen, sich also der Tiefe und Dunkelheit unseres Lebens bewusst zu werden und sich dem zu stellen.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat kürzlich ein interessantes Interview zur Corona-Krise gegeben, in dem er sagte: „Wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz von Leben zurückzutreten, dann muss ich sagen: Das ist in dieser Absolutheit nicht richtig. Grundrechte beschränken sich gegenseitig. Wenn es überhaupt einen absoluten Wert in unserem Grundgesetz gibt, dann ist das die Würde des Menschen. Die ist unantastbar. Aber sie schließt nicht aus, dass wir sterben müssen.“

Ein Recht auf Gesundheit gibt es nicht. Gesundheit ist vor allem ein Geschenk. Damit ist es etwas, auf das wir zu achten haben, und dass uns doch zu gegebener Zeit wieder genommen wird. Manche reden dann von Schicksal. Vielleicht liegt da der größte Unterschied zwischen Christen und Nichtchristen: dass Nichtchristen in schwierigen Zeiten an nichts glauben (können), während Christen immer wieder neu darauf vertrauen wollen, dass, wie Pfarrer Arno Pötzsch im zweiten Weltkrieg schrieb, wir nicht tiefer fallen können als in Gottes Hand.

„Du kannst nicht tiefer fallen, als nur in Gottes Hand, die er zum Heil uns allen barmherzig ausgespannt. Wir sind von Gott umgeben, auch hier in Raum und Zeit, und werden sein und leben in Gott in Ewigkeit.“.

Dies bewahrt uns nicht vor Krankheiten, aber es kann in schwierigen Zeiten vor einem haltlosen Fallen bewahren. Deshalb: „Bleiben Sie gesund!“, aber vor allem: „Vertrauen Sie auf Gottes Hand!“

Ihr Christian Schönfeld

 

Darstellung des Heilsgott Asklepios, Foto entstanden auf einer Rüstzeit in GriechenlandDarstellung des Heilsgott Asklepios
(Foto entstand auf einer Rüstzeit in Griechenland)